Stuttgart 15.07.2021 Mit großem Aufgebot an Prominenz der Umwelt- und Verkehrsinitiativen des Landes, der Gewerkschaften und der Landeskirche feierte die Allianz Mobilitätswende für Baden-Württemberg (MoWA) ihr einjähriges Bestehen.
Lastenräder, E-Roller und Aktionskünstler Jürgen Merz mit seinem „Gehzeug“, einem Holzgestell mit der Grundfläche eines Autos, bevölkerten am Donnerstagnachmittag bei unerwartet ruhigem Wetter den Stuttgarter Schlossplatz. Auf „12 Quadratmeter Kultur“ demonstriert ein Saxophonist anschaulich, wieviel Platz auf unseren Straßen wäre, wenn dort keine Autos parken würden. Die „Mobilitätswürfel“ des DGB markieren die improvisierte Bühne. „Stadt für Menschen, statt für Autos“, eine gemeinsame Vision der MoWA, ist auf der Stuttgarter Königstraße bereits gelebte Realität.
„Auf unserer Jahresfeier wollen wir zeigen, welcher Gewinn eine Mobilitätswende für uns alle ist“, so Romeo Edel, Sozialpfarrer und Sprecher der Mobilitätswende-Allianz. Mithilfe der rund 30 unterstützenden Verbände und Organisationen haben er und sein Team im Frühjahr alle Landtags-Kandidierenden auf ihre Positionen in der Verkehrspolitik angesprochen, dem einzigen Bereich, dessen Treibhausgasemissionen seit 1990 nicht gesunken sind.
„Jetzt im Bund die richtigen Weichen stellen – Vorfahrt für den Klimaschutz“ so das Motto der Allianz für den Bundestagswahlkampf, und für ihr Grundsatzpapier, das auf der Feier-Kundgebung erstmals veröffentlicht wurde, gemeinsam mit den Wahlprüfsteinen: In sieben Fragen fordert das Bündnis Bundestags-Kandidierende zur Stellungnahme heraus.
Gleiche Chancen für alle Verkehrsteilnehmer sollen unter anderem durch ein Bundesmobilitätsgesetz gesichert werden. Es soll, so Marlis Heck, Vorstandsmitglied des Landes-VCD den rechtlichen Rahmen für eine integrierte Verkehrsplanung bilden. Ihr Bekenntnis: „Die Zukunft der Mobilität muss den Menschen in den Mittelpunkt stellen“.
Auch ADFC-Landesvorsitzende Dr. Gudrun Zühlke fordert „eine neue Verfassung für den Straßenverkehr, einen tragfähigen Haushalt und eine handlungsfähige Verwaltung“. „Wenn wir unsere Städte und Dörfer weiterhin lebenswert halten und das Klima schützen möchten“, so die BUND-Vorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch, „brauchen wir jetzt eine sozial-ökologische Mobilitätswende“.
Tempo 30 in der Stadt befürwortet sie auch aus sozialen Aspekten: „Tempo 30 trägt zu mehr Sicherheit auf den Straßen bei und verringert die Luft- und Lärmbelastung, unter der tendenziell der ärmere Teil der Bevölkerung wegen seiner Wohnsituation am meisten leidet. Es ist nicht gerecht, wenn finanziell schwächere Menschen früher sterben, nur weil sie sich die ruhigen Wohnviertel nicht leisten können.“ Die Gewerkschaften als starker Partner des Bündnisses sehen klimafreundliche Mobilität und gute Arbeitsplätze nicht als Gegensätze, vorausgesetzt, der Wandel werde fair, vorausschauend und mit den Beschäftigten gestaltet, so die DGB Abteilungsleiterin Mia Koch. „Auch bei neuen Mobilitätsdienstleistungen müssen hohe Sozialstandards und Tarifbindung eingehalten werden. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs erfordert massive Investitionen von Land und Bund. Mobilitätsangebote müssen zugänglich und bezahlbar sein.“
Eine klimaneutrale Mobilität bis 2035 forderte der Bad Cannstatter Dekan Eckard Schulz-Berg, zugleich Mitglied der evangelischen Landessynode. „Die Kirche stehe vor einer Herausforderung: Wir wollen Begegnung, ja sie ist wesentlich für uns als soziale Wesen. Und gleichzeitig darf Begegnung nicht zum Schaden der nachkommenden Generation geschehen, deren Ressourcen wir weit über das Maß verbrauchen.“