Gegner eines Tempolimits argumentieren gern mit den gesellschaftlichen Kosten einer Geschwindigkeitbeschränkung, vor allem aufgrund der verlängerten Reisezeiten. Eine kürzlich veröffentlichte Kosten-Nutzen-Analyse berücksichtigt auch sekundäre Effekte wie die Bildung von Phantomstaus, Gesundheitskosten durch Luftverschmutzung, Folgend des Klimawandels und Infrastrukturkosten. Ein Tempolimit in Deutschland, so die Studie, führt zu einem jährlichen gesellschaftlichen Nutzen von mindestens 950 Millionen Euro.
In der neuesten Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Ecological Economics untersucht ein Forschungsteam um den Verkehrswissenschaftler Stefan Gössling mithilfe der Kosten-Nutzen-Analyse für PKWs und leichte LKWs, die vom Tempolimit betroffen wären, welche Effekte diese Einschränkung hätte. Damit begegnen sie der Argumentation der Gegner eines Tempolimits mit dem individuellen Zeitverlust und dessen Kosten. Die Studie bestätigt, dass dadurch tatsächlich Zeitverlust entsteht, den man auch ökonomisch bewerten kann, allerdings ohne dabei zu berücksichtigen, dass bei steigender Geschwindigkeit die Transportnachfrage steigt. Dagegen entsteht ein Zeitgewinn daraus, dass weniger Staus entstehen. Der sogenannte „Phantomstau“ ist auf die hohen Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den Fahrzeugen zurückzuführen, etwa wenn ein Lastwagen auf der Mittelspur überholt und langsamer fahrende PKWs auf die linke Spur ausweichen müssen. Auch für das Individuum bringt ein Tempolimit Vorteile, durch geringeren Kraftstoffverbrauch und ein geringeres Unfallrisiko. So folgern die Autoren, dass aus der individuellen Perspektive ein Tempolimit kostenneutral ist. Die Gesellschaft als Ganzes dagegen profitiert, denn für sie fallen geringere Klimaschäden und Gesundheitskosten an, die Unterhaltskosten der Autobahnen sinken, die Kosten für Treibstoffsubventionen, ebenso wie die Luftverschmutzung durch Abgase und Feinstaub. Je niedriger die Geschwindigkeit, desto höher ist auch der Fahrzeugdurchsatz pro Kilometer Autobahn. Das ist ein Effekt, der beim Grenzübertritt nach Deutschland gut zu beobachten ist. Bei ca. 70 km/h ist ein Optimum erreicht, weil die Sicherheitsabstände zwischen den Fahrzeugen geringer sein können. Damit verringert sich die Notwendigkeit des Straßenaus- und Neubaus und der entsprechende Landschaftsverbrauch und die daraus resultierenden Biodiversitätsschäden. All diese gesellschaftlichen Kosten, so die Studie, subventionieren derzeit eine Minderheit von Schnellfahrern.
Kurz: Ein Tempolimit bringt für das Individuum in der Summe keine Zusatzkosten, es nutzt jedoch der Allgemeinheit und es hat zudem einen sozialen Verteilungseffekt.
Die komplette Studie ein englischer Sprache kann hier kostenlos heruntergeladen werden.
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