Am 28. Mai hat die Mobilitätswendeallianz Baden-Württemberg eine Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl in Tübingen organisiert.
Zum Einstieg wurden kurze Fachimpulse von Fachpersonen aus der Zivilgesellschaft zu den Themen öffentlicher Verkehr (Frank Heuser), Radverkehr (Gernot Epple) und Fußverkehr (Gabriele Steffen) gehalten Romeo Edel, unser Sprecher, moderierte die Veranstaltung.
Bild von links: Heuser, Edel, Epple und Steffen
Gabriele Steffen (ehem. 1. Bürgermeisterin in Tübingen) mahnte an, dass das Zu-Fuß-Gehen oft nur am Rande wahrgenommen wird sowohl in der Politik, der Verwaltung als auch in der Öffentlichkeit. Bisher gibt es dafür keine städtische Strategie und kein dafür zuständige Stelle.
Gernot Epple (ADFC, Sprecher Verkehrspolitik) richtete den Blick vor allem auf das Thema Flächengerechtigkeit. Mit welchen Kriterien bemessen wir die Flächen, die den einzelnen Verkehrsarten zugewiesen werden? Ein herausforderndes Beispiel ist die Auffahrt am Schnarrenberg. Durch den Parkstreifen für Autos und den Schutzstreifen für Radfahrer bleibt den Autos nach StVO nicht genügend Platz zum Überholen, wenn sie regelkonform überholen wollen (Abstand zum Fahrrad 1,5 m).
Frank Heuser (VCD) forderte, dass vor allem die alternativen Verkehrsmittel zum Auto gestärkt werden und der Verkehr als Ganzes umstrukturiert wird. Der Öffentliche Verkehr braucht an Wochenenden dichtere Taktzahlen. Besonders drängend ist die Verbindung der Stadt Tübingen mit den Dörfern und Städten der Region..
Anschließend wurde mit den Kandidierenden folgender Listen Tübingens zukünftige Mobilität diskutiert.
- AL/Grüne: Christoph Joachim
- SPD: Daniel Gruner
- Tübinger Liste: Ernst Gumrich
- CDU: Armin Mozaffari
- Linke: Frederico Elwing
- Klimaliste: Matthias Feurer
Bild von links: Kandidierende in der obigen Reihenfolge zu sehen, mittig unterbrochen von Romeo Edel (Moderator).
Inhaltliche Schwerpunkte waren
Alle Gesprächsteilnehmende waren sich darin einig, dass bei gemeinsam genutzten Flächen Fuß- und Radverkehr in Konkurrenz stehen und sich die Fußgänger in der Regel als die Schwächeren erleben. Wo immer möglich sollten Verkehrsflächen für diese beiden Nutzergruppen erweitert werden. Und es ging nicht um ein grundsätzliches entweder/oder, sondern darum wie kann der Modalsplit der verschiedene Verkehrsarten zu Gunsten des Umweltverbunds (Bus, Bahn, Rad- und Fußverkehr) verschoben werden.
Christoph Joachim (AL/Grüne) schlägt Pendlerbusse vor, die Arbeitnehmende aus der Region zum Klinikum, Morgenstelle oder WHO bringen können. Da 50 % der Wegstrecken unter 10 km liegen, lohnt es sich den Radfahrenden mehr Raum zu gewähren. Daniel Gruner (SPD) will weiter das Deutschlandticket bezuschussen und regt an P+R an den Stadträndern zu planen, damit die Autos erst gar nicht Richtung Zentrum fahren. Ernst Gummrich (Tübinger Liste) erinnerte an die großen Städte Paris und Kopenhagen, die dem Rad- und Fußverkehr viel mehr Flächen einräumen. Warum nicht auch in Tübingen? Und er fordert den öffentlichen Verkehr neu zu erfinden. Armin Mozaffari (CDU) fordert ein Radfahrverbot in den Fußgängerzonen und wehrt sich dagegen einseitig dem Auto Flächen wegzunehmen. Für die Regionalstadtbahn braucht es eine alternative Strecke. Frederico Elwing (Linke) setzten sich ein für eine deutliche Umgestaltung der Wilhelmstraße, mehr Tempo 30, billigen ÖPNV und eine Nahverkehrsabgabe, klug gestaltet. Matthias Feurer (Klimaliste) schlägt vor das Stellplatzangebot jedes Jahr um 10 % zu reduzieren und fordert die Mobilitätsgarantie auch für die Region. Er mahnt eine Verkehrspolitik an, die sich an den Klimazielen zu orientiert.
Warum eine Mobilitätswende?
Derzeitige Probleme des Vekehrs: Platzverbrauch, Unfallgefahren, Gesundheitsbelastungen, Lärm, CO2-Ausstoß, Energiebedarf, Barrierefreiheit, Kosten, Zeit, Umwege für andere Verkehrsteilnehmer, Verfügbarkeit für alle Menschen (Kinder, Senioren, Behinderte), Einfluss auf die Gesellschaft…
Wie Flächen anders oder gerechter verteilt werden sollen, ist Aufgabe eines Gemeinderats.
Auf begrenzen Flächen kann Rad und Fußverkehr nicht mehr Recht bekommen, ohne das der motorisierte Individualverkehr Flächen abgeben muss. Bisher nimmt der motorisierte Individualverkehr übermäßig viel Fläche in Anspruch.
Innerstädtisch
Der innerstädtische ÖPNV ist in Tübingen schon auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Verbesserungen sind aber immer möglich. Dazu gehört z. B., dass er auch an Wochenenden, Ferien- und Feiertag öfter fahren muss, die zeitlichen Randlagen besser bedient werden, so dass ein kompletter Verzicht aufs Auto für mehr Menschen möglich wird. Wie kann das gehen?
Region
Drängender im konkreten Fall Tübingens ist aber die Verbindung der Stadt mit den Dörfern und Städten in der Region. Welche Ideen existieren, um die Menschen aus der Region in naher Zukunft in den ÖPNV zu bekommen? Wie kann langfristig die Bevölkerung von der besten Lösung (ÖPNV) überzeugt werden? Wie werden die Stadtwerke bei der kontinuierlichen Weiterentwicklung des ÖPNV unterstützt?