Für Matthias Lieb ist klar: Es muss sich etwas ändern. Der Vorsitzende des VCD-Kreisverbands Pforzheim/Enzkreis fordert eine Mobilitätswende und verweist auf aktuelle Zahlen aus der Region: Im Wahlkreis Pforzheim seien inzwischen 18 Prozent mehr Autos als noch vor zehn Jahren unterwegs. Autos, die laut Lieb den Fußgängern und Radfahrern in den Innenstädten den Platz wegnehmen. Gleichzeitig seien die Fahrgastzahlen im Verkehrsverbund vor Corona kontinuierlich gefallen. Zusammen mit der Mobilitätswende-Allianz Baden-Württemberg hat der VCD nun bei einer Podiumsdiskussion das Gespräch mit den Bundestagskandidaten der großen Parteien gesucht. Allerdings nicht mit allen: Obwohl sie 2017 mit 12,6 Prozent drittstärkste Kraft wurde, war die AfD nicht dabei. Die Veranstalter hatten sie nicht eingeladen, wie Lieb auf PZ-Nachfrage erklärte. Eine spannende Diskussion entwickelte sich am Montagabend dennoch. Dass eine Mobilitätswende notwendig und unausweichlich ist, darüber waren sich im Grundsatz alle einig. Auseinander gingen die Meinungen aber bei Fragen zur konkreten Ausgestaltung. Gunther Krichbaum (CDU) betonte, seiner Partei sei die Balance zwischen Ökonomie und Ökologie wichtig. Man stehe bei dem Thema mittendrin, habe schon viel gemacht, sagte er und verwies unter anderem auf die E-Mobilität, bei der man durch Kaufprämien wichtige Weichen gestellt habe. Dennoch gebe es noch einiges zu tun, etwa bei der Wasserstoffmobilität. Krichbaum verwies auch auf den Güterverkehr, wo mit dem Schienenpakt der Anteil der Schiene von heute rund 19 Prozent auf 25 bis 2030 steigen soll. Katja Mast (SPD) betonte nicht nur einmal, die Mobilitätswende dürfe nicht zu einer neuen sozialen Frage werden. Verkehr müsse in Zukunft funktional und verlässlich sein, müsse Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen und Lebensqualität erhöhen. „Uns bringt es nichts, die Menschen zurückzulassen.“ Mast erklärte, man habe viel für den Klimaschutz getan, mit der Bepreisung von Kohlenstoffdioxid. Für Rainer Semet (FDP) ist Mobilität „ein Stück Freiheit“: Ein privates Auto mache das Leben einfacher, und viele seien darauf angewiesen. Dennoch: Individualmobilität müsse in Zukunft nicht bedeuten, dass jeder ein eigenes Auto habe. Semet brachte Leasing-Angebote oder Sharing-Systeme ins Gespräch. Verbote will er aber nicht. Zur Kohlendioxid-Reduzierung muss aus seiner Sicht der Zertifikate-Handel Priorität haben. Meltem Çelik (Linke) verwies auf die Preise für Bus und Bahn. Die seien in der Region zu hoch, insbesondere für Menschen ohne oder mit geringem Einkommen. Für diese Gruppen forderte sie ein kostenloses oder zumindest stark vergünstigtes Angebot. Und: Die Busverbindungen in den Enzkreis müssten verbessert werden. Çelik beklagte, die Radwege in Pforzheim seien nicht gut genug ausgebaut. Stephanie Aeffner (Grüne) hielt die Vermeidung von Verkehr für wichtig. Da gehe es um das Recht auf Homeoffice, um Besprechungen in digitaler Form anstelle von Dienstreisen – und um die Versorgung im Nahumfeld. „Bevor zehn Menschen zum Arzt fahren, kommt das Arztmobil in den Ort.“ Aeffner will den Umstieg auf den ÖPNV attraktiv machen: durch einen verlässlichen Takt, durch Barrierefreiheit und die Vernetzung von Reiseketten.