Ein sofortiges Moratorium für den Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen fordern die Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Deutsche Umwelthilfe (DUH), Germanwatch, Greenpeace, der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring.
(Berlin 01.09.2021) „Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Gleichzeitig ist der Verkehrsbereich jedoch das größte Problem für den Klimaschutz in Deutschland“, kritisieren die Verbände. Dabei müssten die Emissionen in allen Sektoren deutlich abnehmen, um das 1,5-Grad-Limit des Pariser Abkommens einzuhalten. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Beschluss zum Klimaschutzgesetz vom März 2021 ein höheres Ambitionsniveau beim Klimaschutz gefordert. Zudem hätte die jüngste Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz schmerzhaft vor Augen geführt, wie wichtig eine klimaresiliente Infrastruktur ist.
Der 2016 beschlossene Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 und der Fernstraßen-Bedarfsplan leisteten keinen Beitrag des Verkehrssektors zum Klimaschutz. „Sie erhöhen die Anteile des Straßenverkehrs und damit die CO₂-Emissionen und sind mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts unvereinbar“, so die Verbände. Zudem sind sie ein Frontalangriff auf die Natur: Fast 90 Natura-2000-Gebiete würden erheblich beeinträchtigt, schützenswerte große Lebensräume werden auf einer Länge von 1000 Kilometern durchschnitten.
„Diese umwelt- und klimapolitische Geisterfahrt muss mit einem umgehenden Moratorium für den Aus- und Neubau von Fernstraßen beendet werden“, fordern die unterzeichnenden Verbände. Das Moratorium müsse bis zur Beendigung des Bedarfsplan-Überprüfungsverfahrens, das 2022 beginnt, gelten. Alle Fernstraßenprojekte, für die keine klima- und naturschonende Alternative gefunden werde, widersprächen dem Klimaschutzgesetz sowie dem EU-Naturschutzrecht und müssten sofort gestoppt werden.
Zudem fordern die Verbände eine Anpassung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen anhand klar definierter Kriterien. Dazu gehörten die Ausrichtung der neuen Verkehrsprognose auf die Einhaltung klarer Klima-, Naturschutz- und Mobilitätsziele, die Korrektur der Fehler der Nutzen-Kosten-Analyse von 2016, eine vollständige Strategische Umweltprüfung und eine Klimaprüfung sowie die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit. Ein solches Umdenken bei der Bedarfsplanung werde auch der zunehmenden Flächenversiegelung entgegenwirken, die das Ablaufen von Oberflächenwasser erschwert und damit Hochwasser begünstigt.
Die Umweltverbände richten sich mit ihrem Forderungspapier auch an die nächste Bundesregierung: Mit Beginn der nächsten Legislaturperiode sei ein Bundesmobilitätsgesetz nötig. Politische Akteure auf allen staatlichen Ebenen müssen sich darin dazu verpflichten, langfristige Ziele und Strategien für einen Umbau des Verkehrssektors zu entwickeln, zu beschließen und vorrangig auszugestalten. „Auf diese Weise entsteht eine integrierte Verkehrsplanung, die öffentliche Interessen in Bezug auf Mobilität, Klimaschutz, Verkehrssicherheit, Barrierefreiheit, Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie Stadt- und Raumverträglichkeit gleichermaßen im Blick hat“, so die Verbände.
Das Verbändepapier „Ein Stopp des Straßenneubaus und eine Neuausrichtung der Infrastruktur- und Mobilitätsplanung sind überfällig“ ist hier erhältlich.
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